Die Genetik (Vererbung) der HNO-Krankheiten betrifft vornehmlich die Schwerhörigkeit und Kopf-Halstumoren. Bei den Hörstörungen sind sowohl syndromale (mit anderen Symptomen einhergehende) Hörstörungen als auch nicht-syndromale Hörstörungen betroffen, jedoch verursachen nicht nur einzelne Gene sondern auch „modifier“ Gene, mitochondriale und kernkodierte Gene sowie Mutationen entsprechende Krankheiten. Bis 2002 sind bereits 22 autosomale bzw. X chromosomale Taubheitsgene und mehr als 70 Loci für Hörstörungen beschrieben. Der dominant wirkende „modifier“ Locus DFNM1 ist in der Lage ein rezessives Taubheitsgen zu unterdrücken. Eine Mutation des Connexin 26 Gens kann einen unterschiedlich starken Hörverlust je nach beeinflussenden Genen oder Umweltfaktoren bewirken.
Gene wie das MYO7A, USH1C, SDH23, PCDH15 sind beim Usher-Syndrom und die PAX3, MITF, SOX10 Gene sind jeweils u.a. beim Waardenburg Syndrom beteiligt. Hier wurden in den letzten Jahren immer neue Gene oder Loci für die verschiedenen Krankheiten identifiziert, die einen Einfluss auf das Hörvermögen haben.
Wir führen in der genetischen Beratung neben einer ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung eine genaue Stammbaum-Untersuchung und entsprechende spezialisierte Laboruntersuchungen durch. (Siehe hierzu auch den Link: www.medgenetik.de).
Auch die Schwerhörigkeit im Alter (Presbyakusis) mag zum Teil genetisch bedingt sein; dies konnte bereits im Mausmodell für das Cadherin-23 Gen bewiesen werden (Dtsch.Ärztbl. 102 (2005)A2946-2953). (Siehe hierzu den Link: www.medgenetik.de).
Auch bei den Tumoren sind viele Onkogene oder Tumor-Suppressorgene beteiligt (siehe hierzu in Nature 517 (2015) 576-582), sodass bisher kein einheitliches Tumorentwicklungsmodell für Kopf- Halskarzinome vorhanden ist.
Die Kopf-Halskarzinome werden einereits durch Rauchen – zusätzlich verstärkt durch Alkohol – ausgelöst, andererseits wird die Entstehung durch HPV-Infektionen (Papillom-Viren) begünstigt. Bei den durch Rauchen verursachten Karzinomen im Kopf-Halsbereich findet sich häufig eine Mutation (Veränderung) des Tumorsuppressor-Gens TP53, das die Immunabwehr beeinflußt. Zusätzlich kommt es bei diesen Tumoren häufig zu Veränderungen im Rezeptor für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR), d.h. der Schleimhautoberfläche. Weitere Gene wurden identifiziert, die zu einer verbesserten Überlebenschance führen. Zusätzliche Gene scheinen eine Bedeutung zu haben, wie eine Inaktivierung von CDKN2A, eine Amplifikation (Erhöhung) von 3q26/28 und 11q13/22, eine Aktivierungen von HRAS oder PIK3CA, eine Inaktivierungen durch CASP8, NOTCH1, Funktionsverluste im Bereich von NSD1, den WNT Genen AJUBA, FAT1 und dem Faktor für oxidativen Stress NFE2L2. Sind zusätzliche Gen-Kopien von FADD und BIRC2 vorhanden oder das Gen CASP8 ausgefallen, so wird der progrmmierte Zelltod verhindert und damit erklärbar, dass bestimmte Krebstherapien nicht anschlagen.
Bei den HPV-positiven Karzinomen (Human Papilloma Virus, menschliches Papillomvirus) im Kopf-Halsbereich liegt häufig eine Veränderung des Gens TRAF3 vor, das in der Immnabwehr eine wichtige Aufgabe übernimmt, sodass die Vermehrung der HPV-Viren begünstigt wird.
Aus all diesen neuen wissenschaftlichen Ergebnissen ergeben sich neue Erkenntnisse für die Prognose und für neue Therapieansätze. Wir beraten Sie hierzu gerne eingehend.